Kritik am „neuen“ Islamgesetz

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von Tarik Mete

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Tarik Mete

Das Islamgesetz in Österreich, welches vor kurzem hundertjähriges Bestehen gefeiert hat, war sowohl aus damaliger als auch aus heutiger Sicht ein innovatives und zukunftsweisendes Projekt. Es ist klar, dass nach einem ganzen Jahrhundert etwaiger Reformbedarf besteht und die Anpassungen an die aktuellen Gegebenheiten notwendig ist. Leider handelt es sich bei dem vom Bundesministerium vorgelegten Papier zur Novellierung um einen gewaltigen Rückschritt, der (teilweise verfassungsmäßig gewährleistetete) Grundrechte mit Füßen tritt.

Das neue Gesetz ist lt. Prof. Öhlinger (angesehener Verfassungsrechtsexperte) in mehrfacher Hinsicht bedenklich. Einerseits widerspreche es dem Recht auf Religionsfreiheit und andererseits handle es sich beim Verbot ausländischer Finanzierung um “eine Regelung, die sich in unserem System offener Grenzen überhaupt nicht einfügt”, so der Verfassungsrechtsexperte. Das neue Islamgesetz verbietet unter anderem, dass sich islamische Vereine in Österreich Geldmittel aus dem Ausland holen. Das sei “eine sehr problematische Regelung”, sagt Theo Öhlinger. Bei anderen Religionsgemeinschaften ist dies Gang und Gebe und gewohnte Praxis und stellt anscheinend kein Problem dar.

Es mangelt eigentlich jeglicher plausibler Rechtfertigung, weshalb eine anerkannte Religionsgemeinschaft, im Vergleich zu den anderen Glaubensgemeinschaften, derart nachteilig behandelt wird. Das Verbot ausländischer Finanzierung ist laut Öhlinger “dann gerechtfertigt, wenn belegt werden kann, dass gerade mit diesen ausländischen Spenden Extremisten gefördert werden”.

Generalverdacht

Der vom Ministerium präsentierte Entwurf setzt jedoch alle Vereine und die Menschen, die das Herz und die Seele dieser Organisationen bilden, unter Generalverdacht. Für ein derartiges Verbot ist nämlich kein Einzelnachweis, somit auch kein ordentliches Beweisverfahren, notwendig – und das ist lt. Öhnlinger problematisch und sollte einer Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof nicht standhalten, “Es besteht sicher die Gefahr, dass er sie aufhebt”, so Öhlinger. Außenminister Sebastian Kurz will natürlich weder vom „Generalverdacht“ noch von einer „Ungleichbehandlung“ etwas wissen. Ich glaube trotz zahlreicher Bemühungen und heftiger Kritik von Expertinnen und Experten nicht, dass es noch zu irgendeiner Änderung am vorliegenden Entwurf kommt. Meine letzte Hoffnung ist der Verfassungsgerichtshof, der als letzte Instanz Außenminister Kurz und seinen Konsorten einen Strich durch die Rechnung machen kann.

Man sieht hier deutlich, dass die islamophobe mediale Berichterstattung sich sowohl in der Gesellschaft als auch beim Gesetzgeber niedergeschlagen hat. Der Entwurf stellt eine reaktionäre Geste dar, die sich mit dem Kernproblem des Extremismus nicht wirklich auseinandersetzt. Man setzt den Hebel an komplett falscher Stelle an, nämlich bei zahlreichen Vereinen, die sich seit Jahrzehnten für die Integration und ein friedliches Miteinander in unserem Land einsetzen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Extremisten in diesen Vereinen nicht den Nährboden für ihre Rekrutierungsversuche finden. Es bedarf viel mehr Aufklärungsarbeit, Information und Inklusion in unsere Gesellschaft, um dem Extremismus in Österreich und der Welt Einhalt zu gebieten.

All diese Vereine werden nun in findige Rechtskonstruktionen hineingezwungen, die aber an der tatsächlichen Situation nichts ändern werden. Es geht wohl darum, diesen Vereinen den Status als „religiöse Einrichtung“ abzusprechen und etwaige Privilegien, die daraus resultieren könnten, wie beispielsweise Steuerbefreiungen für Grundstücke und Förderungen, die derzeit kaum in Anspruch genommen werden, abzusprechen.

Diskriminierung

Spannend ist auch die Tatsache, dass es seitens der Islamischen Religionsgemeinde heftige Kritik hagelt. Dr. Fuat Sanac hält im Presse-Interview fest, dass viele Teile des Gesetzes überhaupt nicht mit der IRG abgesprochen worden sind. Hier wurde anscheinend von oben herab, über zahlreiche Bürgerinnen und Bürger hinweg entschieden. Kritik wird auch am Entwurf geübt, weil darin explizit der Vorrang von staatlichem gegenüber religiösem Recht erwähnt ist – das gibt es bei keinem anderen Gesetz für eine Glaubensrichtung. Das sich alle Menschen, die in Österreich leben, auch an die hiesigen Gesetze und Grundprinzipien halten, ist meines Erachtens eine Selbstverständlichkeit. Eine explizite Manifestation in einem Gesetz für eine bestimmte Gruppe wird an der tatsächlichen Situation nichts ändern und stellt lediglich eine Diskriminierung dieser Gruppe dar.

Was die eigentliche Krux an der Sache ist, dass der Islam im Vergleich zu den anderen Religionsgemeinschaften einer komplett eigenen Rechtsordnung untergestellt wird. Eine derartige Ungleichbehandlung kann meinerseits (rechtlich) nicht gerechtfertigt werden. Wir leben Gott sei Dank in einer pluralistischen Gesellschaft, wo Prinzipien der Gleichbehandlung von Menschen hochgehalten werden. Aus diesem Grund ist eine derartige Zweiklassenregelung keineswegs tolerierbar und akzeptierbar. Wenn man tatsächlich all die vorangehenden Punkte in das neue Islamgesetz implementieren will, muss diese Vorgehensweise auch konsequent für alle anderen Religionsgemeinschaften durchgezogen werden. Ob man sich das wirklich traut, werden wir sehen. Ich bezweifle es stark!

Als Gesellschaft haben wir die Pflicht, es nicht zuzulassen, dass Menschen zu „Bürgerinnen und Bürger zweiter Klasse“ degradiert werden, unabhängig welchem Glauben sie angehören. Ich unterstütze daher die BürgerInnen-Initiative betreffend “Nein zum Entwurf des neuen Islamgesetzes – Für die Gleichheit aller BürgerInnen Österreichs” und darf alle jene, die auch für die Gleichbehandlung der Menschen einstehen, ersuchen es mir gleich zu tun.

zur Initiative