Die Banken sind gar nicht schuld
Die Banken sind gar nicht schuld! Es sind die Märkte! Oder doch auch nicht?
Ich habe gestern eine sehr interessante und empfehlenswerte Dokumentation gesehen: Der Banker – Master of the Universe (hier ab 14.9.2014 7 Tage lang in der ORF TV-Thek zum nachsehen)
Die Dokumentation spielt sich in einem verlassenen Bankgebäude ab, in der ein ehemals hochrangiger Bankfachmann (Rainer Voss) einen beängstigenden Bericht aus einer Parallelwelt liefert!
Vorweggenommen mein durchaus streitbares Fazit: „Schuld an allem“ hat vor allem die Politik, die zügelloser Gier und Bereicherung keinen Riegel vorschob und noch immer nicht vorschiebt.
Insofern sind wir alle, also das Volk, selbst schuld indem es mehrheitsfähige Parteien & Politiker wählt, die eine solche Politik verfolgen. Jeder der sich über vergeudete direkt zu Finanzhaien fliessende Steuergelder beschwert, sollte sich auch überlegen, welche die von jeweils ihm / ihr gewählten Volksvertreter für eine Politik verfolgen oder wen sie unterstützen!
Wer ist also wirklich Schuld an der Finanzkrise, die oft fälschlicherweise als Wirtschaftskrise bezeichnet wird?
Es gibt viele Zitate aus dieser Dokumentation die ich hier posten möchte, aber vor allem die folgenden sind höchst aufschlussreich:
(Es handelt sich hier um Transkriptionen, die zum leichteren Lesen sinngemäß wiedergegeben werden)
Der Druck auf Angela Merkel wächst: Griechenland braucht wohl noch mehr mehr Geld.
Wenn dieser Gipfel nichts Ordentliches gegen die Schuldenkrise bringt, wird die ganze Eurozone runtergestuft. So die Drohung von Standard & Poors. Auf so unverblümte Art und Weise ist der Politik wohl noch nie die Pistole auf die Brust gedrückt worden.
Sodann erklärt Rainer Voss, wie die Schuldenkrise in Griechenland überhaupt entstehen konnte:
Es durfte auf keinen Fall ein Bankrott von Griechenland eintreten. Darum ging es ja dazumals. Grundsätzlich gibt es Anleihen nach internationalem (meist englischem) und griechischen Recht. Beim griechischen Recht kann der Staat bestimmen, dass man für 10.000 Euro nicht mehr 10.000, sondern 4.000 Euro bekommt. So ist es auch passiert! Nach Englischem muss es eine Gläubigerversammlung geben. Die beschliesst ob ein Vergleich angenommen wird oder nicht. Dh.: wenn ich als Hedgefonds hergehe, und von einer 100 Mio. Anleihe 75 Mio. kaufe, habe ich eine qualifizierte Mehrheit für die Abstimmung. Dann kann ich den Griechen sagen: Wisst ihr was? Entweder Ihr gebt uns die Kohle oder wir lasen das Ding Hops gehen und ihr seid technisch Bankrott. Sie versuchen also mit allen Mitteln die Rechtsansprüche durchzusetzen. Das ist ein Geschäftsmodell gewesen. Es gab gezielte Aufkäufe nach Anleihen nach internationalem Recht. Über Datenbanken lässt sich leicht raussuchen, welche nach welchem Recht sind. Dann schaut man: Wie stehen die. (Kurs) Wenn die Dinger bei 30 % stehen statt 100 % zahlst du 30 Mio. für 100 Mio. Dann willst du von 100 Mio. 75 Mio. kaufen. Dann hast du aber nur von 30 Mio. 75% zu zahlen und zahlst somit 28 Mio. und zwingst später den Staat 100 Mio. auszuzahlen. Das war ganz normal. Das hat nicht nur eine Firma gemacht.
Das bedeutet kurz und vereinfacht gesagt: Firmen (Hedgefonds, Investmentbanken, Investoren etc.) kaufen um schlappe 28 Mio. das Recht 100 Mio. vom Staat zurück zu bekommen.
Super Deal, den der Steuerzahler bezahlt und von dem irgendwelche (wenige) Menschen irgendwo auf der Welt profitieren, während Griechenland im Elend versinkt.
Meine große Frage: Warum ist so etwas nach „internationalem oder englischen Recht“ möglich? Das ist so abstrakt und fern von jeder Realität, dass ich überhaupt keine andere Erklärung dafür habe als die, dass die Politik mit der Finanzwelt gehörig unter einer Decke steckt.
Da werden dann 100-200 Milliarden über ein Wochenende „als Rettung“ beschlossen. Wer wird hier gerettet?
Laut Voss sind derartig abstrakt hohe Geldsummen unterwegs, dass man eben mittlerweile auch ganze Länder durch oben genannte Methoden ins Wanken bringen kann. Zuerst Griechenland, dann Portugal, dann immer die nächst Grösseren: Spanien, Italien usw.
Der Aussagen in der Dokumentation folgend ist Frankreich der nächste Kandidat. Auf die Frage an Herrn Voss was dann passiert:
Frankreich wird zu einem Problem. Und dann? Dann ist es vorbei, dann ist es aus. Game over! Deshalb versucht man ja in Spanien und Italien Pflöcke einzuziehen. Wenn Frankreich in so eine Situation wie Griechenland kommt, dann geht es um Beträge die keiner (auch keine EZB) mehr Schultern kann. Dann muss man sich was einfallen lassen. Das fliegt uns irgendwann um die Ohren. Entweder finanztechnisch oder gesellschaftspolitisch. Das das ein gutes Ende nimmt glaube ich keine Sekunde!
Besonders interessant finde ich seine Aussagen zur Semantik im Bereich Märkte:
Die Märkte! Wir tun so, als wäre es eine gotthafte Kraft die über uns hineinbricht. Die Bank hat entschieden. Nein, es sind die Menschen, die entscheiden. Wenn man denen sagt: Hör damit auf, dann hören die damit auf! man muss es nur im richtig und mit Nachdruck (gesetzlich) sagen.
Wenn der Wille dazu da wäre, wäre es wie wenn man einen Wasserhahn zudreht. Warum passiert es nicht? Weil niemand damit anfängt.
Wer aber müsste damit anfangen?
Meiner Ansicht nach die Politik. Denn sie bestimmt das Regelwerk dass Vorgänge erlaubt, die uns nahe an den Abgrund bringen.
Es braucht also (noch) einen externen (Markt-)Schock: Politische Eingriffe, noch eine Krise…….
Leider erwartet uns derzeit mangels Ersterem das Zweitere.
Noch ein Zitat Nachtrag, weil es so interessant ist, sofern es wirklich stimmt
Früher vor 20 Jahren war die durchschnittliche Haltedauer einer Aktie 4 Jahre.
Heute sind es 22 Sekunden. Angesichts der Tatsache dass eine Aktie eigentlich eine Unternehmensbeteiligung ist, ist das grotesk.