RegenbogenParade 2014 – aus Inter*Sicht?
Ein Beitrag von Gabriele Rothuber
Zum 19. Mal zog die Regenbogenparade auch heuer wieder um den Wiener Ring und lockte mehr als 150.000 Schaulustige an.
Die Parade startete um 14 Uhr beim Rathausplatz und passierte gleich am Beginn die 9köpfige Jury, die heuer erstmals mit mir als Intersex-Beauftragter der HOSI Salzburg das Thema Intersex integrierte.
Gewinner der diesjährigen Parade waren H.A.P.P.Y, FAmOs – Familien Andersrum Österreich und zum 4. Mal die Aidshilfe Wien. Intersex / Zwischengeschlecht war auf der Parade kaum (öffentlich) sichtbar, wiewohl ich vertraute Gesichter auf Trucks erkennen konnte. Es war ein wenig hörbar, da von manchen Redner*innen bei der Schlussveranstaltung auf der Bühne des Rathausplatzes das „Inter“ an LGBT drangehängt wurde.
Und somit war die Parade ein Spiegel dessen, was auch in der Gesellschaft Inter* wahrgenommen wird: nämlich noch kaum bis gar nicht. Zu groß noch die Angst vor Diffamierung, Diskriminierung oder Sensationslust. Zu wenig Bewusstsein darüber, wie man Inter* erklären oder ansprechen soll oder kann. Und trotzdem freu ich mich über den Aufruf, in der Jury mitwirken zu dürfen, da die HOSI Wien hier ein klares Statement gesetzt hat, das ich bei anderen LGBT-Communities vermisse: Intersex ist – wie auch Transidentität, dessen Kürzel bei vielen Organisationen Einzug gehalten hat – keine sexuelle Orientierung, weshalb einerseits kein direkter Zusammenhang mit LGBTs gesehen wird. Andererseits kritisieren auch Inter*Interessensverbände, dass sich LGBT-Vereine und Organisationen das „I“ sozusagen einverleiben oder (pro forma?) auf ihre Fahnen heften – und wollen als eigenständige Interessensgemeinschaften wahrgenommen werden.
Mit der Gründung der VIMÖ (Verein Intersexueller Menschen Österreich) haben Inter*Personen nun endlich auch in Österreich die Möglichkeit, sich umfassende Hilfe und Informationen von Inter*Personen zu holen und sich in Selbsthilfegruppen zu treffen. Die Gründermenschen der VIMÖ leisten hier Enormes. Es kann aber nicht auch noch deren Aufgabe sein, die Gesellschaft darüber zu informieren, dass es mehr als Mann und Frau gibt, dass es für ein friedliches Miteinander von immenser Bedeutung ist, nicht nur sexuelle, sondern auch geschlechtliche Vielfalt anzuerkennen, alle Kinder in ihrer Einzigartigkeit willkommen zu heißen und körperlich und seelisch unversehrt aufwachsen zu lassen. Das ist die Aufgabe von uns allen – und ganz speziell der Organisationen, die sich ernsthaft und nachhaltig mit der Buntheit unserer Welt auseinandersetzen!
Und viele Themen, die untrennbar mit LGBT verflochten sind, wie etwa bürokratische Hindernisse, Namensänderung, das Erb- und Adoptionsrecht, die Einführung eines dritten Geschlechts, eine Personenstandsänderung ohne Pathologisierung, Zwangssterilisierung, das Erb- und Adoptionsrecht etc. können und müssen im Rahmen der Diskussion um die Rechte von Inter*Personen aufgegriffen und unter teilweise anderen Gesichtspunkten wahrgenommen werden.
Es wäre wichtig, dass die LGBT-Community dies wahrnimmt und gemeinsam mit den Selbsthilfeorganisationen intersexueller Menschen für die Wahrung der Menschenrechte eintritt!
Gabriele Rothuber, Intersex Beauftragte der HOSI Salzburg, ist keine Inter*Person und kann deshalb nur wiedergeben, was sie von solchen erfährt bzw. welche Diskussionen sie mitverfolgt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit!
Infos zum Verein VIMÖ hier: http://vimoe.at/