Flüchtlingshilfe auf bayerisch! Zwei frohe Stunden, immer wieder gern!

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von Christian Namberger, Oberinspektor in Ruhe und gebürtiger Bayer

Gestern war Montag und somit der Beginn einer neuen Trainingswoche im Fitnesscenter!

Da freue ich mich schon immer sehr drauf, mach ich doch so schöne Fortschritte mit dem Gehen! Zu sehen gibt es auch immer was im Fitnesscenter ;)

Beim Hinfahren steige, äh rolle ich immer beim Ginzkey Platz aus, retour nach Hause lass ich mich immer bei der Bushaltestelle  Polizeidirektion in die Fuhre karren. Ich hatte locker eine Viertelstunde Zeit, die Temperatur erlaubte es mir gemütlich den Verkehrsfluss zu beobachten. Beim Hinrollen zur Haltestelle, sah ich einen südländisch aussehenden Mann mittleren Alters rauchend auf den Bus wartend.  Nach kurzer Zeit dämpfte er die Zigarette aus und warf sie in den Mülleimer. Brav und vorbildlich! Er kam zögerlich zu mir und hielt mir einen Einzelfahrschein entgegen. Ich fragte ihn auf Deutsch, ob er nach Anif oder Grödig wolle! Mit großen, braunen Augen sah er mich fragend an, so schwenkte ich auf mein Mickey Mouse Englisch um. Auch dies verstand er nicht, er druckste was von Albanisch raus.

In der anderen Hand hielt er ein Bündel an Papieren. Ich bat ihn, mir diese zu zeigen. Er kam scheinbar gerade von der Polizeidirektion und von der bekam er die Unterlagen. Daraus war ersichtlich, dass er mit dem Zug zu einem Flüchtlingsverteilquartier in die Nähe von Graz musste! Also war er in Fahrtrichtung Anif gänzlich falsch! Ich gestikulierte mit beiden Händen, dass er auf die andere Straßenseite wechseln müsse und mit dem Bus Nummer 3 zum Hauptbahnhof müsse! Zum Glück schlug die Polyneuropathie bei mir nicht in den Händen zu! Wieder sah ich nur den verzweifelten Gesichtsausdruck, er bedankte sich jedoch herzlich und stapfte los zum Fußgängerüberweg. Nach kurzer zeit sah ich ihn ganz verloren an der Haltestelle stehen. Mir ging seine Verzweiflung nicht mehr aus dem Kopf. Ich zückte mein Handy und startete die Qando-App, um zu sehen, wann der Bus der Linie 3 kommt. Die App zeigte an, dass er in 6 Minuten käme und der Wagen barrierefrei ist. Ich cancelte meine Heimfahrt und rollte rüber zur anderen Seite und zu ihm hin. Er sah mich kommen und ich versuchte ihm lächelnd klarzumachen, dass ich ihn zum Hauptbahnhof begleite! Schon war in seinem Gesicht die Erleichterung zu sehen!

Am Bahnhof

fo3[1]Der Bus kam und wir fuhren los. Ich zeigte ihm, wie und wo er seinen Fahrschein entwerten muss. Am Bahnhof angekommen, begaben wir uns zur Information. Dort waren zwei hilfsbereite Männer. Einer davon druckte die Fahrverbindung samt Zeiten und Gleisnummern aus. Ganz wunderbar! Leider konnte ich ja nicht eruieren, ob er gleich fahren kann oder ob er noch Sachen in einer hiesigen Unterkunft hat! In meiner Verzweiflung rief ich meine Freundin Anja an, die in ihrer Funktion als Vizebürgermeisterin auch das Ressort Soziales verantwortet. Sie empfahl mir, dass wir zur Caritas Sozialstation in der Nähe des Bahnhofes gehen sollten. Die haben auch bis 19 Uhr geöffnet.  Den Rat nahm ich dankend an und wir setzten uns sofort in Bewegung. Die dort anwesende Dame war auch sehr freundlich und hilfsbereit. Leider konnte sie nicht allzu viel tun,  geschweige denn, den Asylwerber in Empfang nehmen. Aber sie half uns dahingehend weiter, dass sie empfahl, dass er auf alle Fälle noch heute reisen soll, da sonst Gefahr besteht, dass das dortige Zimmer dann anderweitig vergeben wird, wenn er nicht rechtzeitig käme. So weit, so gut! Nur wusste ich immer noch nicht, wie es denn mit seinem Gepäck aussieht! Die Caritas Mitarbeiterin startete im Computer ein Übersetzungsprogramm, aus dem kam in wahrscheinlich holprigen Albanisch die Frage “Hast Du noch Gepäck in Salzburg?“ Dieses verneinte er und wir brachen wieder Richtung Bahnhof auf. Die freundliche Dame gab ihm noch eine Plastikhülle für seine Unterlagen.

Abfahrt

Auf dem Weg zum Gleis 8 ist linker Hand ein Spar Markt. Wir blieben kurz stehen und ich gestikulierte wieder, ob er was zum Essen und Trinken wolle! Er lehnte dankend und lächelnd ab! Ich fragte noch mal, wieder winkte er ab! Wir nahmen den Lift und warteten auf einem Bankerl beim Bahnsteig auf den Zug. Derweilen sah ich mir noch mal seine Unterlagen an und sah die Adresse, wo das Verteilquartier ist. Jedoch war da leider keine Telefonnummer dabei. Ich hätte gerne da angerufen, schließlich käme der Gute erst nach Mitternacht auf einem Provinzbahnhof an. Also rief ich noch mal bei Anja an, vielleicht könnte sie ja die Nummer eruieren! Leider fand sie diese nicht raus, gab aber wieder einen wertvollen Tipp! Er solle doch in Graz sich an die Bahnhofspolizei wenden, vielleicht können die dort dann weiterhelfen. Ich zeigte mit dem Finger auf der Unterlage auf Graz und gestikulierte, dass er zur Polizei gehen soll! Jetzt kam schon der Zug, er hatte scheinbar 20 Minuten Aufenthalt! Ein Schaffner vertrat sich in vor dem Zug die Beine. Wir starteten los und ich sprach diesen an. Ich erklärte ihm die Situation und bat ihn, den jungen Mann in Graz entweder zur Polizei zu begleiten oder ihm zumindest den Weg zu zeigen! Er bejahte das und erwähnte, dass der Zug auf Gleis 3 einläuft und die Polizei bei Gleis 1 wäre. Graz war die Endstation des Zuges, somit bin ich hoffnungsschwanger, dass der freundliche Schaffner sich tatsächlich um den Mann kümmert!

Christian-und-Mama-mit-Hilfsgütern[1]

Mit Muttern im September im Einsatz am Bahnhof

Beim Einsteigen in den Wagon umarmte mich der Mann ganz herzlich und küsste mich freudestrahlend links und rechts!

Ich dachte und denke noch immer an den Mann, wie es ihm wohl auf der Reise in die Provinz erging. Sicher war das der kürzeste Weg seiner Reise, aber nicht minder beschwerlich! Ich für mich war froh, dass ich ihn auf den Weg bringen konnte! In zwei Stunden war alles erledigt, für mich eine Kleinigkeit und für ihn eine große Hilfe!

Ich hoffe, ich kann wieder mal helfen! Ganz nach Louis de Funés:

“Zwei frohe Stunden, immer wieder gern!“

Am Bahnhof war Christian schon mal im Einsatz – hier geht es zu seinem Erlebnis im September