Das Leben ist kein Parteiprogramm – zur Zukunft der SPÖ
Der Ruf wird laut und lauter. Die Partei, hier ist die Sozialdemokratie gemeint, braucht eine Linie. Politik aus einem Guss. Es muss klar sein, wohin die Partei will. Entweder Regierung mit der FPÖ oder keine. Entweder Grenzen auf oder Zäune bauen. Entweder Ganztagsschule oder so wie bisher… Entweder oder! Entweder oder!
Ist das die Politik der Sozialdemokratie im 21. Jahrhundert? EINE Antwort zu haben, die für alle gilt?
Ich bin überzeugt, dass es diese Antwort nicht gibt. Wir müssen uns davon verabschieden, dass alle Menschen so leben sollen, wie es in unserem Parteiprogramm steht.
Weil es auch keine Gesellschaft mehr gibt, die aus lauter uniformen Menschen besteht, die auf EINE Antwort warten. Uns SozialdemokratInnen muss gelingen die Hoffnungen, die Probleme und die Erwartungen vieler Menschen zu sehen und anzunehmen. Wir müssen uns davon lösen für alle da sein zu können. Zum Beispiel: Als Sozialdemokratin liegt es mir am Herzen für Chancengleichheit und für den sozialen Ausgleich zu sorgen. Das Kind, das in einer Familie mit viel Geld aufwächst, hat es leichter eine gute Bildung zu bekommen und später einen tollen Job. Ein Kind, deren Eltern sich keine Nachhilfe, kein extra Kinderzimmer und keinen Tennisunterricht leisten können, muss auch die Chance auf Bildung und Ausbildung bekommen. Das schreibt sich so leicht, ist aber seit Jahrzehnten eine politische Grundforderung, die immer wieder neu angegangen werden muss. Dafür gibt es auch nicht den EINEN Weg.
Unsere Aufgabe in der Sozialdemokratie des 21. Jahrhunderts ist es viele Wege zu ermöglichen.
Ein Kind in Wien Simmering braucht andere Rahmenbedingungen als ein Kind in Neukirchen oder in Salzburg. Und wir müssen endlich lernen gemeinsam mit den Menschen neue Wege zu erkunden und zu beschreiten. Manchmal gibt es mehrere Lösungen und mehrere Wege, dann heißt es für eine Partei wie die Sozialdemokratie: Das gehört dazu – diese Vielfalt an Wegen, Fragen und Antworten! Es geht darum aus der entweder-oder Haltung herauszukommen. Zuzulassen, dass es ein sowohl-als auch gibt. Dass eine Gesamtschule gut sein kann, aber auch eine Schule, die keinen Nachmittagsunterrricht hat. Mit den Öffis fahren und mit dem Auto. Energiesparen und Wohnungen bauen, die keinen Passivhausstandard haben. Menschen nicht mit Zäunen aussperren und klare Regeln für das Zusammenleben einfordern. Klassische Konzerte fördern und junge Bands im öffentlichen Raum ihre Rockkonzerte spielen lassen. Menschenwürdige Arbeitsplätze mit guten rechtlichen Rahmenbedingungen und selbstbestimmte Arbeit.
Das muss die sozialdemokratische Linie sein. Gemeinsam mit den Menschen in unserer vielfältigen Gesellschaft auf die vielfältigen Herausforderungen reagieren, vielfältige Visionen für die Zukunft entwickeln und den politischen Anspruch zu haben nicht die EINE Antwort auf die EINE Gesellschaft zu sein. Immer auf der sozialdemokratischen Wertebasis:
Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und Solidarität!