Samstag Morgen, leichter Nieselregen, der Winter scheint noch nicht vorüber zu sein. Dennoch: Ein guter Tag, um große Dinge zu tun: Den Weg nach Innen zu gehen. Einen Tag sich Zeit zu nehmen, um bewusst Spuren Gottes zu entdecken. Schon spannend, denn 50 Männer kommen da zu einem Männertag mit dem Titel „Tabu Spiritualität“ ins Bildungszentrum St. Virgil.
Religionssoziologen meinen, Spiritualität sei Frauensache. Tendenziell stimmt das. In Seminaren kommen im Normalfall drei Viertel Frauen, wenn es um spirituelle Themen geht. Warum? Steht Spiritualität im Gegensatz zur Rationalität? Spreche ich von Spiritualität, wenn ich nicht mehr weiter weiß? Ist das Ganze nichts für gestandene Männer? Haben Männer Angst? Wenn ja, wovor?
Der vage Begriff gehört definiert. Spiritualität „zeigt uns wie die Wirklichkeit in Wahrheit beschaffen ist“, meint der Referent des Männertages Schwienhorst-Schönberger. Da geht es nicht um Weltflucht. Das Sitzen von 20 bis 30 Minuten am Tag führt zu einer geschärften Wahrnehmung der Wirklichkeit. Gedanken tauchen dabei auf. Probleme die mich beschäftigen, oder sogar belasten. Aber auch die andere Seite mit beglückenden Bildern, die mich bereichern. Ich gebe ihnen kein Gewicht, gleichgültig ob positiv oder negativ. Ich lasse sie los. Auch meinen Willen.
Der Weg ist radikal. Er ist kritisch gegenüber allen Bildern, auch den Gottesbildern. Den Vorstellungen, die ich mir oder wir uns über Gott machen. Selbst bei einem atheistischen Zugang zu Gott macht man sich bestimmte Bilder, die dann abgelehnt werden. Werden Vorstellungen absolut gesetzt führen sie zu Fanatismus und Ideologien. In diesem Sinne lasse oder werde ich Gott los. Und bin dennoch zutiefst überzeugt, dass es eine göttliche oder letzte Wirklichkeit gibt, die mein Leben bestimmt. Das ist paradox. Auf jeden Fall ist es ein offener Prozess, den ich sehr aufregend finde.
Hier ist auch eine interessante Spur für den gewaltfreien interreligiösen Dialog.