Ich habe im September für die Salzburger Kirchenzeitung „Rupertusblatt“ die Evangelienkommentare zum Sonntagsevangelium geschrieben. Aufgrund des hohen Interesses, möchte ich es den ZartbitterleserInnen nicht vorenthalten. Der kommentierte Text vom kommenden Sonntag ist die „Beispielerzählung vom reichen Mann und dem armen Lazarus“ (Lukas Kapitel 16, Verse 19 bis 31)

Lukas ist der sozialkritischste unter den Evangelisten. Das wird schon im vierten Kapitel beim ersten Auftreten Jesu in Galiläa ganz deutlich: „Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe.“ Lukas legt den Fokus auf die sozial Benachteiligten. Es wundert mich deshalb nicht, wenn nur er die Beispielerzählung vom reichen Mann und dem armen Lazarus in sein Evangelium aufgenommen hat.

In drastischen Bildern wird die Kluft zwischen arm und reich geschildert. Der in Purpur gekleidete Reiche gegen den mit Geschwüren geplagten armen Lazarus. Nach dem Tod der beiden wird die Situation praktisch umgekehrt. Die Kluft bleibt jedoch bestehen. Hinter diesen Bildern wird offenkundig, dass die Grenze zwischen arm und reich nur schwer zu überwinden ist.  Aber weder Angst noch Hoffnung vor einem Leben nach dem Tod helfen uns hier weiter. Will man die Armutsfrage ernsthaft angehen, braucht es neben der Einzelhilfe auch strukturelle Veränderungen. Arm reich in Sao Paulo

An diesem Sonntag schreiten wir zur Wahl. Österreich hat viele Baustellen, an denen gearbeitet werden muss. Die Armutsfrage ist sowohl eine nationale, aber auch eine globale. Hier gibt Österreich ein beschämendes Bild ab. „Unser Land hat sich als eines der reichsten Länder der Erde dazu verpflichtet, 0,7 % des BNE (Bruttonationaleinkommens) für die weltweite Armutsbekämpfung zu verwenden – ignoriert diese Verpflichtung aber konsequent.“ Vergangenes Jahr betrug der Anteil nur 0,28 % – und ist damit meilenweit vom Ziel entfernt. Die Kampagne „mir wurscht…“ (www.mirwurscht.org) vom Dachverband für GLOBALE VERANTWORTUNG mit 42 Mitgliedsorganisationen, darunter auch viele kirchliche NGO’s machen starken Druck auf die Regierung. Wir können durch unsere Stimme am Sonntag auch dieses Thema mitentscheiden. 

Erfreuliches gibt es diesbezüglich aus dem Vatikan zu berichten: Papst Franziskus hat Mitte September in einer Privataudienz Gustavo Gutierrez getroffen. Gutierrez gilt als einer der Väter der „Theologie der Befreiung“, die die vorrangige Option Gottes für die Armen in den Mittelpunkt stellt. Das hat insofern große Bedeutung, da ich glaube, mit diesem neuen Papst besinnt sich die Kirche wieder ihrer großen sozialen Verantwortung. Vermutlich ist das Lieblingsevangelium des Papstes ebenfalls das lukanische.