WILDE MAUS- kein typischer Hader Film

von Gudrun Kavalir

Musikkritiker Georg, Anfang 50, wird unter Hinweis auf notwendige Sparmaßnahmen gekündigt. Eine junge, unerfahrene Kollegin soll seinen Job übernehmen. Er verheimlicht seine Arbeitslosigkeit seiner Frau Johanna, Psychologin, die unbedingt ein Kind haben will. Die leeren Tage verbringt er im Wiener Prater, wo er seinen ehemaligen Schulkollegen Erich trifft, der ebenfalls arbeitslos ist. Gemeinsam mit dessen rumänischer Freundin Nicoletta nehmen sie eine ausrangierte „Wilde Maus“ wieder in Betrieb. Und Georg startet einen Rachefeldzug gegen seinen ehemaligen Chef. Die Achterbahn seiner gescheiterten Existenz nimmt Fahrt auf.

Ist die WILDE MAUS ein typischer „Hader“? Nein. Er ist nämlich ganz anders als erwartet.

Man findet zwar den beißenden Humor, den Fatalismus und Zynismus der Figur des an sich selbst scheiternden Brenner wieder. Man erkennt auch die Stimme des grantelnden Kabarettisten Hader, der in seinen Programmen nie um eine Pointe verlegen ist, die ihn selber trotzig und rotzig dastehen lässt. Aber in der Wilden Maus ist alles anders. Und das ist gut so. Endlich kann Josef Hader zeigen, was er wirklich kann: Geschichten erzählen, die tief in die menschlichen Abgründe blicken lassen. Was er dort findet, bringt er schonungslos auf die Leinwand. Und das ist beim besten Willen nicht lustig.

Am Film „WILDE MAUS“ kommt bei uns derzeit niemand vorbei.

Den Film habe ich bereits in der ersten Woche nach seinem Start am 17.2. gesehen. Seither mehren sich die Gespräche mit Freunden und Bekannten. Sehr oft bin ich irritiert, dass viele den Film lustig finden: “Super Komödie!“, „Hab schon lang nicht mehr so gelacht!“, „So witzige Szenen!“. Wie bitte? Da war wohl jemand im falschen Film!

Es ist nicht witzig, wenn ein Mann im mittleren Alter seinen Job verliert und damit den einzigen Sinn in seinem Leben, das ohnehin nur aus bissigen Kommentaren und vernichtenden Urteilen über das Können oder Unvermögen anderer Menschen besteht. Wenn er Rache nimmt, und dafür zu drastischen Mitteln wie Sachbeschädigung und Aggression greift, ja selbst vor Mord nicht zurückschreckt.

Es ist nicht witzig, wenn ein Paar nicht mehr miteinander reden kann. Wenn die Kommunikation eingefroren ist. Wenn der Kritiker und die Psychologin keine Worte mehr haben, um ihre Beziehungskälte zu überwinden. Wenn man sich knappe Gemeinheiten an den Kopf wirft, damit der andere wenigstens irgendwas fühlt, und wenn es nur Verachtung ist.

Es ist nicht witzig, wenn die Achterbahnfahrt, die den ganzen Film dauert, Georg immer wieder dahin zurückbringt, wo er eingestiegen ist: zu sich selbst. Wenn er letztlich so verzweifelt ist, dass Selbstmord der einzige Ausweg zu sein scheint und auch dieser letzte Schritt scheitert.

Es ist tragisch und, ja, es kann auch komisch sein. Die „Wilde Maus“ ist daher sicher eines: eine pechschwarze Tragikkömödie im besten Sinn und ein großartiger, sehenswerter Film von Josef Hader, dem Regisseur.

Foto: © Petro Domenigg FILMSTILLS.AT