Das Risiko Freiheit im Altersheim

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Herr F. ist verschwunden. Er ist  schon dement, lebt seit einiger Zeit im Seniorenwohnhaus. Aber in einer Sommernacht ist er verschwunden. Alle suchen. Seine GPS-Uhr hat er herunter getan und sorgfältig auf das Nachtkästchen gelegt. Am Morgen wird Herr F. gefunden. Im Garten. Wohlauf.

Das passiert immer wieder einmal, dass besonders ältere demente Menschen für kurze Zeit „verschwinden“. Das führt immer wieder zu Diskussionen. Warum konnte Herr F. weggehen? Wieso ist Frau M. nicht in ihrem Zimmer, fragt ihre Tochter, die sie überraschend besuchen wollte. Berechtigte Fragen. Gerade Menschen mit Demenz können die Orientierung verlieren, wissen nicht wer sie sind und wie sie nach  Hause kommen können. Angehörige, die Mitarbeiter und Mitbewohnerinnen im Seniorenwohnhaus machen sich Sorgen. Es stellt sich die Frage: Wie kann man den Bewegungsdrang kontrollieren? Was kann man tun, damit niemand davonläuft?

Freiheitsbeschränkungen

In der Fachsprache heißt das Freiheitsbeschränkung und muss gemeldet werden. Wenn eine Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt. Es gibt mechanische, elektronische und medikamentöse Beschränkungen. Beruhigungsmittel und Schlaftabletten. Fußmatten, auf denen ein großes schwarzes Loch abgebildet ist. Demenzkranke glauben, dass es echt ist und gehen nicht vor die Tür. Es gibt bei manchen Häusern Bushaltestellen, an denen nie ein Bus hält, aber die dementen BewohnerInnen warten geduldig. Das ist alles möglich. Aber der Grundsatz ist alles zu tun, damit keine Freiheitsbeschränkung notwendig ist. Auch Menschen mit Demenz haben das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung.

Alltag im Seniorenwohnhaus

Das Risiko von Treppen und Fleisch

Und es ist bei jedem Menschen ein Abwägen. Wann liegt eine Gefährdung vor? Wir alle gehen täglich große Risiken ein. Wir steigen Stufen, überqueren Straßen, essen. Es kann jederzeit etwas passieren. Wir können die Treppe runter stürzen, wir werden von einem Auto niedergefahren oder ersticken fast an einem Stück Fleisch. Das ist besonders tückisch, da Fleisch beim Kauen oft größer wird. Das alles kann einem Menschen mit Demenz auch passieren, wahrscheinlich ist das Risiko sogar größer. Aber wollen wir deswegen einem Menschen die Freiheit nehmen? Möchten wir selbst das? Aus Angst vor dem Risiko uns selbst einschränken? Uns die Freiheit nehmen das Bett, das Zimmer, das Haus zu verlassen? Ich weiß für mich, dass ich das nicht möchte. Solange ich niemanden anderen oder mich selbst bewusst gefährde, will ich selbstbestimmt sein, auch wenn ich nicht mehr weiß welcher Tag heute ist und dass ich in Salzburg wohne. Ich möchte raus gehen können.

Was würdest du wollen?